Frei nach dem Motto warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? habe ich meinen Rechner im Arbeitszimmer konfiguriert. Die grundsätzlichen Anforderungen an Rechenwerk, Arbeitsspeicher, etc. sind mir hier in diesem Zusammenhang aber nicht so wichtig. Das spannende ist: ich wollte unbedingt einen sogenannten Multi-Seat einrichten, dass meine Freundin und ich jeweils einen Arbeitsplatz haben, ich aber gleichzeitig nur mit der Wartung eines Rechners meine Zeit verschwenden muss. Die Änfange habe ich im Sommer 2012 gemacht, mittlerweile ist der gesamte Aufbau gewachsen. Jetzt eine Art Ergebnisprotokoll.
Betriebssystem
Dass ich immer noch nicht bereit bin, auf Windows komplett zu verzichten, liegt weniger an Windows, als viel mehr an Software, die ich unter Windows verwenden möchte, für die ich keinen adäquaten Ersatz gefunden habe. Beispielsweise halte ich Amarok für keine gute Alternative zum MediaMonkey, eine Alternative für Alcohol 120% ist mir nicht bekannt und da wir zu Hause von Berufswegen leider auf Microsoft Office angewiesen sind, sehe ich in naher Zukunft kein GNU/Linux auf meinem Desktop. Immerhin kann man mit Steam für Linux einen Hoffnungsschimmer erkennen, WINE ist ja vielleicht in Zukunft eine Option für meine oben genannten Beispiele.
Multi-Seat für Windows 7 also
Die Auswahl an passender Software für Windows ist recht überschaubar, am Ende habe ich mich entschlossen, SoftXpand 2011 Duo zu testen. Der Aufbau war schnell erledigt, man nehme:
- einen Rechner mit:
- Mehrkernprozessor
- 8GB RAM dürfen es sein (4GB RAM dürften aber auch noch reichen)
- vorzugsweise mit zwei Grafikkarten (notfalls geht es auch mit einer Grafikkarte mit zwei Monitoranschlüssen)
- jeweils zwei Bildschirme, Mäuse, Tastaturen
- eine zweite Soundkarte wäre auch ganz schön
Zur Installation verweise ich einfach auf die Miniframe Knowledge Base. Hier steht alles drin, was man wissen muss. Ein Hinweis ist, der sich für mich sturen besserwisser als wichtig herausgestellt hat, dass während der Installation der Virenscanner tatsächlich deaktiviert sein sollte. Natürlich nur, wenn man daran interessiert ist, dass alles am Ende auch funktioniert.
Nachdem alles eingerichtet ist, hat man einen Rechner, bei dem man beim normalen Office-Internet-Surfen-Katzenvideos-Anschauen eigentlich niemals merkt, dass da noch ein zweiter Mensch arbeitet. Unterm Strich ist der CPU egal, ob sie auf Eingaben von einem oder zwei Menschen wartet. Aber selbst Spiele oder z.B. Videoencoding mit Handbrake werden auf dem anderen Arbeitsplatz nicht wirklich bemerkt, Windows 7 scheint eine ganz ordentliche Thread-Verwaltung zu haben.
Sind wir schon fertig?
Ich habe diesen Aufbau jetzt gute zwei Jahre so betrieben und war grundsätzlich zufrieden, leider gab es aber auch einige kleinere Probleme. Hin und wieder stimmt die Zuweisung der Soundkarten nicht, dass der Ton aus den falschen Lautsprechern kommt. Das lässt sich aber relativ schnell beheben, dafür hat man ja das Lautsprechersymbol neben der Uhr in der Taskleiste. Außerdem funktionierte Aero nicht. Ist jetzt kein Lebensnotwendiges feature, sieht aber gut aus. Auch nervig, dass der zuletzt gestartete Arbeitsplatz zunächst für alle Ereignisse der wichtige ist: steckt man einen USB-Stick ein, meldet er sich an Arbeitsplatz zwei mit einem Autostart-Fenster. Der Scanner schickt seine Scans auch oft gerade an den falschen. Das kann man steuern, indem man einmal im Startmenü Benutzer wechseln aufruft und sich dann wieder an seinem Benutzerkonto anmeldet. Dann ist man erstmal der Chef im Ring.
Das sind aber alles Kleinigkeiten. Alleine die Tatsache, dass es reicht, Updates einmal zu aktualisieren und nicht noch auf einem weiteren Rechner wiegt das alles auf.
never change a running system?
Vor einigen Wochen habe ich an einem der neuen Bildschirme in einem der Labore an meiner Fachhochschule gesessen und musste feststellen, dass diese eine deutlich höhere Auflösung als mein heimischer FullHD-Bildschirm bot. Das darf nicht sein! Da ein neuer, großer, hochauflösender Bildschirm aber sehr teuer sein kann habe ich mir im an der Uni ansässigen Computerladen zwei gebrauchte 19" LCD-Schirme mit SXGA-Auflösung gekauft. Einer sollte nach links, einer nach rechts, der FullHD-Schirm bleibt in der Mitte. Multi-Head. Wird schon nicht so kompliziert sein, dachte ich zumindest.
Leider hätte ich mich vorher informieren sollen, wie man ATI-Grafikkarten dazu überreden kann, mehr als zwei Bildschirme zu betreiben. Es reicht nicht, zwei Schirme per DVI und den übrigen per HDMI anzuschließen, weil die HDMI-Schnittstelle und ein DVI-Ausgang sich anscheinend einen Head teilen. Ob das wirklich stimmt, weiß nicht genau. Im Ergebnis funktionieren auf jeden Fall höchstens zwei von drei Schirmen gleichzeitig oder auf allen Schirmen muss das Bild gespiegelt werden. Nutzlos also.
Eine halbherzige Recherche im Internet später wurde mir also klar, dass ich den DisplayPort meiner Grafikkarte nutzen muss, um mehr als zwei Bildschirme gleichzeitig einsetzen zu können. Ich habe mir also ein DP-HDMI-Kabel gekauft, nur um wieder mit dem gleichen Ergebnis konfrontiert zu werden.
Die Lösung ist am Ende ein aktiver DisplayPort Adapter. Erst, wenn man einen solchen Adapter verwendet, kann man drei Bildschirme benutzen. Heureka!
Abschluss
Jetzt musste ich das nur noch mit meiner Multi-Seat-Umgebung in Einklang bringen. Dafür habe ich meine Lizenz von SoftXpand 2011 Duo auf SoftXpand Duo Pro geändert, da es hier möglich ist, mehr als zwei Schirme einem Arbeitsplatz zuzuordnen. Leider gibt es keinen Upgrade-Pfad von Duo auf Duo Pro, wie mir der Support per E-Mail erklärte. Als Entschädigung wurde mir aber 25% Rabatt eingeräumt, ein wirklich feiner Zug.
Hier möchte ich noch einmal empfehlen, den entsprechenden Artikel in der Knowledge Base zu lesen und die passenden Registry-Einstellungen herunterzuladen. Mit Geduld, ein paar Neustarts und geschicktem De-/Aktivieren der verschiedenen Monitore bekommt man dann irgendwann sein gewünschtes Schirmlayout gepuzzled.
Nun habe ich drei Bildschirme nebeneinander, Aero funktioniert jetzt auch endlich, Spiele funktionieren. Der zweite Arbeitsplatz hat einen Bildschirm, seine eigenen Lautsprecher und eigene USB-Anschlüsse per USB-Hub. Was will man mehr?
Feinschliff
Zu guter letzt habe ich dann noch das Gefühl gehabt, dass man seine Taskleiste in so einer Multi-Head-Umgebung ein wenig cleverer konfigurieren können müsste. Von Windows aus geht da nicht viel, aber es gibt Programme wie z.B. DisplayFusion die bereits in der Gratisversion das Arbeiten mit mehreren Bildschirmen deutlich schöner gestalten.
So habe ich jetzt drei Taskleisten, die im Infobereich alle das gleiche anzeigen. Benutze ich das Startmenü z.B. auf dem linken Bildschirm, startet das Programm auch auf diesem Bildschirm und nicht z.B. auf dem Hauptschirm (das ließe sich aber auch konfigurieren.) Ansonsten habe ich es so eingerichtet, dass jetzt Taskleiste nur die Anwendungen zeigt, die auf dem jeweiligen Bildschirm liegt und nicht, dass auf jeder Leiste alle Programme angezeigt werden. Ähnliches könnte man für das Alt-Tab-Menü konfigurieren, das finde ich aber nicht so praktisch.
Ich hatte zunächst ein wenig gegrübelt, ob es sich lohnt, DisplayFusion zu kaufen, weil die Grundfunktionen in der Gratisversion eigentlich schon reichen. Da die Software aber im Steam Summer Sale quasi verramscht wurde, habe ich da nicht lange überlegt und bin jetzt sehr zufrieden.