HDR-Fotos mit Darktable? Kinderspiel!
Vor etwas über einem Jahr habe ich mir eine sehr günstige (wie ich finde) digitale Spiegelreflexkamera gekauft. Nachdem ich mich bei einem kurzen (aber heftigen) Kaufrausch im Gebrauchtmarkt mit unterschiedlichen Objektiven eingedeckt und mich in diversen Videos im Internet über die Theorie und Technik des Fotografierens informiert hatte, konnte ich mich so langsam an den Umgang mit meinem neuen Spielzeug gewöhnen. Meistens reicht es mir absolut, Bilder mit der Programmautomatik zu schießen und diese dann einfach als JPG auf der SD-Karte zu speichern. Je nach Situation wage ich mich dann mal in die Blenden- oder Zeitautomatik, gerade wenn ich doch ein wenig mehr Zeit habe, mir darüber Gedanken zu machen, wie das Bild überhaupt am Ende werden soll. Vor allem im Freien bei Tageslicht werden die Bilder dann schon ordentlich genug.
Jetzt hatte ich aber ganz aktuell die Anfrage ein besonderes Bild zu produzieren. Motiv sollte ein Fachwerkhaus in der Abenddämmerung sein, bei welchem von innen die Räume beleuchtet sind und auch die Außenfassade angestrahlt wird. Schwierige Beleuchtungssituation also, irgendwie hatte ich das Gefühl ein Problem zu haben, dass ich "mit HDR" lösen kann. Also habe ich versucht, mich schlau zu machen.
Was ist HDR?
HDR (hier die Wikipedia zu High Dynamic Range) bezeichnet ein Bild mit sehr hohem Kontrastumfang, dass (idealerweise? Ich behaupte das einfach mal ...) aus einer Belichtungsreihe erzeugt wird. Die Idee ist, z.B. drei Fotos zu schießen: das Erste ist normalbelichtet, das Zweite überbelichtet, das Dritte unterbelichtet. Auf dem überbelichteten Bild werden helle Bildbereiche wie der Himmel viel zu hell sein, Details in dunklen Bildbereichen werden aber gut erkennbar. Unterbelichtete Bilder verhalten sich entsprechend anders herum: Details wie Wolken im Himmel werden nicht überstrahlt, dunkle Bereiche sind noch dunkler.
Per Software wird das Bild nun zusammengesetzt: vom überbelichteten Bild werden die dunklen Bereiche genommen, vom unterbelichteten die Hellen und das normalbelichtete gibt uns die "Mitten". Am Ende kommt ein geiles Bild raus. Theoretisch.
Auf in die Kälte
In der Praxis muss die Kamera auf einem Stativ ruhen, damit die Bilder nach dem Zusammensetzen nicht unscharf aussehen. Mein Objektiv war eine 24mm Festbrennweite mit maximaler Blende f/2.8, ich habe aber mit verschieden Blenden experimentiert. Den ISO habe ich auf 100 fest eingestellt, damit das Ergebnis möglichst rauschfrei wird. Den Autofokus habe ich deaktiviert, damit sich die Kamera zwischendurch nicht etwas anderes überlegt. Die Bilder sollten auf jeden Fall im RAW-Modus aufgenommen werden, damit man auch wirklich das beste Ergebnis bekommt. Außerdem ist es hilfreich, wenn die Kamera automatisch die Belichtungsreihe macht, bei meiner Canon heißt die Funktion "Automatic Exposure Bracketing (AEB)", die habe ich dann auf +/-2 Blendenstufen gestellt. In diesem Modus bestimmt die Kamera selbstständig die nötigen Belichtungszeiten. Tipp: wenn man die zweisekündige Auslöseverzögerung an der Kamera einschaltet, hat das Billigstativ nach Betätigung des Auslösers genug Zeit zur Ruhe zu kommen.
Die Aufnahmen sind im Februar entstanden, ich habe mich vorher über die genaue Zeit des Sonnenuntergangs informiert und grob eine halbe Stunde vorher mit dem Bilderschießen angefangen. Insgesamt habe ich gut eine Stunde lang Bilder gemacht, in der Hoffnung, am Ende wenigstens eine gute Reihe zu haben.
Ich habe zur Verdeutlichung drei Bilder einer Belichtungsreihe nebeneinander angeordnet. Es wird deutlich, wie links die hellen Bereiche nicht ausbrennen und rechts feine Details nicht im Dunkel absaufen.
Zurück ins Warme
Zuhause angekommen können die Bilder in Darktable importiert werden. Es war für mich ein wenig problematisch festzustellen, welche drei Bilder jetzt immer zusammengehören. Mit STRG+G können markierte Bilder aber immerhin nachträglich gruppiert werden, das fördert die Übersichtlichkeit beim Scrollen auf dem Leuchttisch. Drei Bilder einer Belichtungsreihe können rechter Hand mit dem Button HDR erzeugen zu einer DNG-Datei zusammengeführt werden. Diese wird bearbeitet, die anderen drei Dateien werden nicht mehr benötigt.
Die Bearbeitung in der Dunkelkammer selbst kann jetzt je nach Geschmack beliebig kompliziert gemacht werden und hängt sehr stark von den geschossenen Bildern ab. Es gibt da einfach kein allgemeines Rezept. In meinem konkreten Beispiel hier habe ich zuerst die Objektivkorrektur angewendet und die Schatten hochgezogen. Danach die Sättigung ein wenig rauf, damit es schön poppig wird und dann noch den Weißabgleich ein wenig angepasst. Zuletzt habe ich das Bild mit dem Modul Zuschneiden und Drehen richtig ausgerichtet und gleichzeitig die Perspektive des Fachwerks korrigiert und überschüssige Ränder abgeschnitten. Fertig.
letzte Worte
Für den ersten Versuch bin ich höchst zufrieden mit dem Ergebnis. Da es im Internet hunderte Informationsquellen zu dem Thema gibt, bin ich auch nicht ganz unvorbereitet an die Sache ran gegangen, aber zwischen Theorie und Praxis ist ja immer mindestens ein kleiner Spalt Luft.
Für die Zukunft merke ich mir, dass ich nicht unbedingt Bilder vor Sonnenuntergang schießen brauche. Diese Bilder rutschten alle viel zu sehr ins rote ab, was ich auch nicht richtig korrigieren konnte. Verschwendet ist die Zeit dennoch nicht, weil man ja auch die richtige Perspektive und einen guten Ort für das Stativ finden muss.
Das Bild oben ist gut 20 Minuten nach Sonnenuntergang entstanden, nur 10 Minuten später wurde das alles schon wieder zu dunkel (und auch zu kalt) für meinen Geschmack. Diese Problematik kann der geneigte Leser durch Nachschlagen der Begriffe goldene und blaue Stunde vertiefen. Gibt es sogar Apps für. Natürlich gibt es die. Außerdem soll es auch Apps geben, die HDR-Fotos mit einem Fingerzeig aufnehmen ...